Frankreich setzt die EU-Geschäftsgeheimnis-Richtlinie um
Mit dem Gesetz Nr. 2018-670 vom 30. Juli 2018 hat Frankreich die EU-Geschäftsgeheimnis-Richtlinie umgesetzt. Das Gesetz schafft im Handelsgesetzbuch einen eigenen Abschnitt zum Schutz der Geschäftsgeheimnisse (Artikel L.151-1 ff. Code de commerce). Das Gesetz, welches der französische Verfassungsrat vorab für verfassungsgemäß erklärt hat, wird allerdings erst in Kraft treten, wenn eine entsprechende Anwendungsverordnung erlassen worden ist.
Bei der Umsetzung hat sich der französische Gesetzgeber stark an der EU-Richtlinie orientiert. Wichtigster Aspekt der neuen Regelung ist die Einführung einer europaweit einheitlichen Definition des Geschäftsgeheimnisses und die Schaffung eines selbständigen Schutzes vor rechtswidriger Erlangung, Nutzung und Offenlegung solcher Geheimnisse. Nach Artikel L.151-1 des französischen Handelsgesetzbuches ist ein geschütztes Geschäftsgeheimnis eine Informationen, die
- weder insgesamt noch in der genauen Anordnung und Zusammensetzung ihrer Bestandteile den Personen in den Kreisen, die üblicherweise mit dieser Art von Informationen umgehen, allgemein bekannt oder ohne weiteres zugänglich ist,
- aufgrund ihres geheimen Charakters von wirtschaftlichem Wert ist, und
- Gegenstand von den Umständen nach angemessenen Geheimhaltungsmaßnahmen durch ihren rechtmäßigen Inhaber ist.
Im Falle eines Verstoßes kann der Inhaber des Geschäftsgeheimnisses gegenüber dem Verletzer Unterlassungs-, Beseitigungs-, sowie Schadensersatzansprüche geltend machen. Einstweilige Maßnahmen sollen durch die Anwendungsverordnung geregelt werden.
Offen ist, welche Anforderungen die Gerichte an die „den Umständen nach angemessenen Geheimhaltungsmaßnahmen“ stellen werden, die der Inhaber der Geheimnisse ergreifen muss, um den Schutz seiner Geschäftsgeheimnisse zu sichern. In Betracht kommen z. B. die Einsetzungen eines Verantwortlichen für den Schutz von Geschäftsgeheimnissen, die Einführung technischer und organisatorischer Kontrollverfahren und Richtlinien, die systematische Begrenzung der Anzahl der Personen, die Zugang zu gewissen Informationen haben, die Organisation von Schulungen für Mitarbeiter, um sie über das Konzept der Geschäftsgeheimnisse zu informieren, die Umsetzung von Vertraulichkeitsvereinbarungen mit Mitarbeitern und Geschäftspartnern usw.
Im Hinblick auf künftige Gerichtsverfahren dürfte es ratsam sein, einen umfassenden Katalog der Geheimnisse sowie der zu ihrem Schutz konkret ergriffenen Maßnahmen zu erstellen. Zu diesem Thema ist eine umfassende Kasuistik der nationalen Gerichte und wohl auch eine abweichende Rechtsanwendung zwischen den einzelnen Mitgliedstaaten zu erwarten. Dies könnte dazu führen, dass Unternehmen die Verteidigung ihrer Geschäftsgeheimnisse vorzugsweise in denjenigen Ländern betreiben, deren Gerichte im Hinblick auf die Anforderungen an die „angemessenen Geheimhaltungsmaßnahmen“ vergleichsweise großzügig sind.
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[1] Richtlinie (EU) 2016/943 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8. Juni 2016 über den Schutz vertraulichen Know-hows und vertraulicher Geschäftsinformationen (Geschäftsgeheimnisse) vor rechtswidrigem Erwerb sowie rechtswidriger Nutzung und Offenlegung.
[2] Verfassungsrat, Urteil vom 26. Juli 2018, Az. 2018-768 DC.
02.10.2018