Zur Berücksichtigung von Empfehlungen der Arbeitsaufsichtsbehörde (DIRECCTE) im Rahmen eines Sozialplans in Frankreich
Die Einhaltung der Empfehlungen der französischen Arbeitsaufsichtsbehörde (DIRECCTE) im Rahmen eines Sozialplans macht den Sozialplan nach französischem Arbeitsrecht nicht unangreifbar. Gleichwohl ist dem Unternehmer dringend zu empfehlen, den Sozialplan eng mit der Behörde abzustimmen.
Bei Massenkündigungen aus betriebsbedingtem Grund („licenciement collectif pour motif économique“), die in Unternehmen ab 50 Mitarbeiter mindestens 10 Mitarbeiter betreffen, müssen sog. Betreuungsmaßnahmen („mesures d’accompagnement“) oder Sozialmaßnahmen mit der Personalvertretung verhandelt, oder nach erfolgloser Verhandlung vom Arbeitgeber mit der ausdrücklichen Genehmigung der Arbeitsaufsichtsbehörde einseitig festgesetzt werden. Über dieses Verhandlungsverfahren hatten wir bereits 2017 berichtet.
Im Rahmen ihrer Prüfung zur Genehmigung hat die Behörde in den letzten Jahren die Praxis entwickelt, Anmerkungen bzw. Verbesserungsvorschläge zu formulieren. Dies sollte dazu dienen, dass beiden Parteien (d.h. einerseits dem Arbeitgeber und andererseits der Personalvertretung bzw. den Gewerkschaften) geholfen wird, rechtmäßige, finanziell tragbare, aber auch in gewisser Weise sozial betrachtet, faire Betreuungsmaßnahmen zu verhandeln.
Aus der Praxis hat die Behörde diese Anweisungen oder Anpassungsvorschläge nur sehr zurückhaltend ‚schwarz auf weiß‘ übermittelt. So stellte sich auch die Frage, inwiefern zum Beispiel der Arbeitgeber der Behörde deren Stellungnahmen und Empfehlungen im Rahmen des darauffolgenden Genehmigungsverfahrens entgegenhalten konnte.
Mit einer Entscheidung vom 24. November 2017 (Nr. 389443) gab der französische Staatsrat („Conseil d’Etat“ d.h. oberste Verwaltungsgericht) eine klare Antwort: Solche Anweisungen bzw. Änderungsvorschläge der Behörde können ihr im Rahmen des darauffolgenden Genehmigungsverfahrens nicht entgegengehalten werden.
Es wird daran erinnert, dass die Behörde gemäß Artikel L.1233-57-4 des französischen Arbeitsgesetzbuches („Code du travail“) ihre Genehmigung des Sozialplans bzw. die Genehmigungsverweigerung ausdrücklich begründen muss.
Dennoch besteht davor - d.h. zum Zeitpunkt der Verhandlung oder Festlegung der Sozialmaßnahmen - keine Pflicht für die Behörde, umfassend juristische und/oder inhaltliche Verbesserungsvorschläge zu formulieren. So kann es also durchaus vorkommen, dass die Behörde keinerlei Vorschläge oder nur einige wenige Vorschläge unterbreitet. In dem sich anschließenden Genehmigungsverfahren kann sie dann in beiden Konstellationen den Sozialplan als unzureichend ablehnen. Theoretisch - wenn auch in der Praxis sehr unwahrscheinlich - könnte die Behörde nach der neuesten Rechtsprechung in Frankreich sogar die Umsetzung der von ihr selbst vorgeschlagenen Maßnahmen als unzureichend qualifizieren und damit den Sozialplan ablehnen.
Praxistipp:
Bei der Verhandlung oder einseitigen Festlegung von Sozialmaßnahmen im Rahmen eines betriebsbedingten Sozialplans in Frankreich sollte der Arbeitgeber systematisch und proaktiv einen transparenten Dialog mit der französischen Arbeitsbehörde pflegen. Auf diese Weise kann die Behörde in vielen Fällen zweifellos bereit sein, die Verhandlungsparteien zu unterstützen und Bereiche aufzeigen, in denen Verbesserungen vorgenommen werden können, sei es rein rechtlicher und formaler Art, oder bei substanziellen Verhandlungspunkten.
Bei aller Kooperation wird man aber stets im Auge behalten müssen, dass damit die Genehmigung zum Sozialplan immer noch verweigert werden kann, auch wenn die Wahrscheinlichkeit einer Genehmigung der Behörde mit zunehmender Kooperation der Behörde steigt.
06.02.2018